Deutschland fehlen Zehntausende Soldaten. Kann es da bei einem freiwilligen Wehrdienst bleiben? Der neue Wehrbeauftragte Otte erwartet eine weitere Debatte darüber und will selbst für einen Pflichtdienst eintreten, sollte das notwendig werden.
Der neue Wehrbeauftragte der Bundesregierung, Henning Otte, hat sich für einen verpflichtenden Wehrdienst ausgesprochen, falls die erforderliche Truppenstärke durch andere Maßnahme nicht zu erreichen sein sollte. Die Ankündigung der Bundesregierung, die Bundeswehr durch ein Freiwilligenmodell personell aufzustocken, wolle er streng im Blick behalten, sagte Otte im Sender Phoenix. Bei Bedarf werde er dann für ein Pflichtmodell eintreten. "Für mich gilt: Wenn die Notwendigkeit besteht, von Freiwilligkeit auf verpflichtend zu schalten, zum Schutz der Truppe, dann werde ich dies auch einfordern."
Für das Bundesverteidigungsministerium gebe es keine Ausreden mehr, sagte Otte weiter. "Zu sagen, es gebe nicht genügend Geld, das zählt jetzt nicht mehr, sondern jetzt müssen die Leistungen aus dem Ministerium auch bei den Soldatinnen und Soldaten ankommen", forderte Otte mit Blick auf die weitgehende Ausnahme für Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse.
Freiwilligkeit als leitende Motivation
Der CDU-Politiker, der erst am Donnerstag im Bundestag vereidigt worden ist, stellte seine Amtszeit unter das Motto "Was die Bundeswehr wirklich braucht." Sie brauche von allem mehr, sagte Otte den Sendern RTL und ntv. "Sie braucht Personal, sie braucht Material, sie braucht aber auch Fähigkeiten."
Er rechnet daher mit einer erneuten Debatte über die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht. "Um zu sehen, wie schaffen wir es, den Personalkörper aufzubauen, Fähigkeiten aufzubauen, aber eben auch die Bundeswehr zu entfesseln von Administration", so Otte. Er betonte aber, dass Freiwilligkeit die leitende Motivation sein sollte. Neben Personalgewinnung sei die Infrastruktur von herausgehobener Bedeutung. Die Truppen müssten "die Unterbringung bekommen, die sie verdienen".
Pistorius: Zusatzbedarf von bis zu 60.000 Soldaten
Eine verstärkte Truppenanforderung ist auch im Rahmen der NATO in den nächsten Jahren zu erwarten. Das betonte auch der Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius im Vorfeld des Treffens mit seinen NATO-Kolleginnen und Kollegen in Brüssel. "Wir gehen davon aus - das ist aber auch nur eine Daumengröße, um es klar zu sagen - dass wir rund 50.000 bis 60.000 Soldatinnen und Soldaten in den stehenden Streitkräften mehr brauchen als heute", räumte der SPD-Politiker ein.
Auch Pistorius hatte die Frage in den Raum gestellt, ob angesichts der Zahlen der neu anvisierte Freiwilligendienst über die kommenden Jahre ausreicht. Dabei führte der Verteidigungsminister aber ebenfalls die mangelnde Infrastruktur als eines der zentralen Probleme an. Eine Wehrpflicht nütze aus einer Sicht "jetzt gar nichts, weil wir die Kapazitäten weder in den Kasernen noch in der Ausbildung haben", argumentierte er. "Deswegen müssen diese Kapazitäten aufwachsen", forderte der Minister. "Bis dahin gilt Freiwilligkeit."
Die NATO will angesichts der Bedrohung durch Russland neue Vorgaben für die Verteidigungsfähigkeit ihrer Mitglieder beschließen. Dabei soll es neben höheren Ausgaben für Waffen auch um die Zahl der Soldaten gehen. Viele Details unterliegen jedoch der Geheimhaltung.
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