Mehr Power, mehr Reichweite, mehr Style: Das Münchner Unternehmen Govecs stellt der eSchwalbe eine schnelle elektrische Überland-Version zur Seite. Sie fährt jetzt bis zu 90 km/h. Der Elektroroller bietet zudem smarte Features im Vintage-Gewand.

Dass die Schwalben als die ultimativen Frühlingsboten gelten, lernt jedes Kind. Nach langen Versuchs- und Ankündigungsjahren ist es jetzt auch auf dem Zweiradmarkt so weit: Die eSchwalbe ist eben dabei, sich bei den Zweiradhändlern einzunisten. Geschlüpft sind Enkel der früheren Simson Schwalbe, in Polen, wo die in München ansässige Firma Govecs schon vor mehr als 15 Jahren ihre Produktionsstätte errichtet hat.

Anders als in den DDR-Zeiten wird die eSchwalbe nicht mehr von einem Zweitaktmotor, sondern elektrisch angetrieben. Es gibt sie in den drei Leistungsstufen 45, 61 und 90 km/h. Bei letzterer sind Motor wie Batterie größer dimensioniert.

Die erste Schwalbe brachte Govecs 2019 auf den Markt. Sie trug einen Riemenantrieb mit Bosch-Motor im Rahmen. Doch in der Corona-Zeit entschied der Stuttgarter Großkonzern, sich ab sofort auf Fahrradantriebe zu beschränken und den Bereich elektrische Rollermotoren aufzugeben. Damit stand Govecs ab 2022 ohne Antrieb da. Weil man in München an das Prinzip der eSchwalbe glaubte, wurde in Eigenregie ein Riemenantrieb für die L3e-Version (über 50 km/h) entwickelt; den dafür nötigen E-Motor beziehen die Govecianer von der deutschen Firma SEG Electronics.

Schnelle eSchwalbe ist flügge

Nun ist die schnelle eSchwalbe also flügge; sie folgt auf ihre schwächer motorisierten Schwestern, die auf 45 beziehungsweise 61 km/h limitiert und mit einem Radnabenmotor ausgerüstet sind (Preise ab 5.890 Euro). Die Eil-Schwalbe (mit zwei deutlich stärkeren Batterien statt nur einer schwächeren) ist ab 8.990 Euro erhältlich; optisch unterscheiden sich Klein und Groß nur in Geringfügigkeiten.

Ihr Motor leistet 6 kW/8,2 PS, woraus dank der beiden zusammen 4,6 kWh großen Akkus eine Praxisreichweite von knapp 100 Kilometern resultiert. Der WMTC-Test nennt zwar 129 Kilometer, doch ist diese Strecke nur bei warmen Temperaturen und sehr dezentem Fahrverhalten erreichbar. Für ein Stadtvehikel sind die Fahrleistungen souverän, die Reichweite erscheint voll ausreichend, um die beiden Lithium-Ionen-Akkus nicht täglich aufladen zu müssen. Bis zur 80-Prozent-Marke dauert das vier Stunden bei leerem Akku; der Rest bis "voll" erfordert zwei weitere Stunden.

Einfaches Laden

Das Lade-Prozedere ist einfach: Spiralkabel unterm hochgeklappten Sitz ziehen und ab damit in die Schuko-Steckdose. Optional bietet der Hersteller zwei weitere Ladeoptionen an, die das "Tanken" aber nicht beschleunigen, sondern lediglich zusätzliche Möglichkeiten darstellen. Grund ist das stets 14 Ampere leistende Ladegerät. Die Batterien sind leicht herausnehmbar und stets paarweise zu laden, ob in der Garage, im Keller oder in der Wohnung. Das Gewicht pro Akku beträgt 12 Kilogramm, der Handgriff ist vorteilhaft geformt. Im Fahrzeug "wohnen" die Batterien im Mitteltunnel unter einer Abdeckung.

Die getestete eSchwalbe überzeugt unterwegs: Die Leistungsregelung erfolgt feinfühlig, böses Rucken ist ihr fremd. An der Ampel flitzt sie zügig davon und erreicht flugs das zulässige Tempo. Die beiden Scheibenbremsen, durch ein CBS-System blockiergeschützt, verzögern sicher. Alle fürs Fahren nötigen Informationen sind im fünf Zoll großen TFT-Farbdisplay einwandfrei ablesbar. Wer eine elektronische Navigationshilfe benötigt, muss dafür sein Smartphone nutzen; eine passende Halterung bietet Govecs für 30 Euro an.

Fast alles ohne Schlüssel

Natürlich funktioniert so gut wie alles an der eSchwalbe schlüssellos; gestartet wie versperrt wird sie mithilfe einer Plastikkarte, die Sitzbank öffnet sich auf Knopfdruck an der Verkleidung. Diese ist übrigens nicht lackiert, sondern poliert; die Kunststoffteile sind nämlich durchgefärbt. Als Extra gibt es einen Seitenständer für 100 Euro und für 500 Euro ein externes Ladegerät mit Dockingstation zum Laden der dem Fahrzeug entnommenen Akkus. Ein Typ-2-Ladeanschluss für eine Wallbox oder eine gewerbliche Ladesäule ist integriert; schneller zu Kräften kommt eine eSchwalbe damit aber nicht. Ebenfalls als Zubehör sind eine Windschutzscheibe (200 Euro) und ein Topcase lieferbar.

Govecs hat sich bewusst für das Gütesiegel "Made in Europe" entschieden; nur etwa zwei Prozent der 350 Einzelteile der eSchwalbe werden nicht in Europa gefertigt. Die Produktion samt der Entwicklungsabteilung arbeitet schon seit 2009 in Polen. Seither wurden rund 30.000 E-Roller hergestellt; etwa 6.000 davon sind "kleine" eSchwalben, deren Produktion 2017 begonnen hat.

Händlernetz noch nicht sonderlich dicht

Das deutsche Händlernetz ist noch ziemlich löcherig; lediglich 50 bis 60 Händler können eSchwalben ausliefern. Deshalb offeriert Govecs auch die Bestellung im Internet; wer will, kriegt seine eSchwalbe zur Haustür geliefert. Drei mobile Serviceeinheiten ergänzen deutschlandweit die beschränkten Werkstattkapazitäten.

Mit dem Projekt "Olympus", wie die L3e-Version firmenintern heißt, stößt die Münchner Marke nun in die Leistungs-Oberklasse der Elektroroller vor. Das 136 Kilogramm wiegende Gefährt präsentiert sich als sehr gut verarbeitet und sinnvoll ausgestattet. Nicht wirklich roller-like gibt sich der Untersitz-Stauraum; er ist vom bei Verbrenner-Rollern üblichen "Helmvolumen" weit entfernt und fasst lediglich Kleinsteinkäufe. Als Abhilfe dient das Topcase, das es auch mit elektrischem Verschlusssystem gibt; möglich macht Govecs das durch den in Eigenregie entwickelten und auch selbstgebauten Kabelbaum, das Elektro-Rückgrat eines jeden Fahrzeugs.

Die fast durch und durch europäische eSchwalbe hat, das zeigten das Fahren wie der ausgiebige Blick unter ihre Verkleidung, ganz schön was drauf. Man kann sie gut nutzen - und vor allem mögen. Auch wenn sie, wie alle E-Fahrzeuge, teuer ist.

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