Über 42.000 Personen wurden allein im letzten Jahr verurteilt, weil sie verbotenerweise am Steuer saßen. Wer illegal fährt, musste meist die Fahrerlaubnis wegen Alkohol, Drogen, Medikamenten am Steuer und "anderer schwerer oder wiederholter Verkehrsdelikte abgeben", wie es der GDV pauschal beschreibt. Trotz zumindest temporär nicht vorhandenem Führerschein "fahren viele weiter und sind für die Allgemeinheit eine Gefahr", so der GDV. Eine neue wissenschaftliche Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft zeige, wie hier psychologische Hilfe anstelle ausschließlicher Sanktion helfen könnte.
Unterschiedliches Fahrverhalten
"Jeder kann Unfallopfer unerlaubt Fahrender werden", sagt UDV-Leiterin Kirstin Zeidler. "Die Statistik zeigt nur die Spitze des Eisbergs, die Dunkelziffer ist hoch." 89 Prozent der von der UDV Befragten wurden beim unerlaubten Fahren nie kontrolliert. "Um Entdeckung und Unfälle zu vermeiden, fahren sie in der führerscheinlosen Zeit defensiver, während sie sonst nach eigenen Angaben einen riskanteren Fahrstil pflegen", so Zeidler.
Straftäter ohne schlechtes Gewissen
Illegal am Steuer sitzen dem Vernehmen nach meist 30- bis 50-Jährige, überwiegend Männer. Frauen seien aber "im Dunkelfeld weitaus stärker vertreten als bisher bekannt", sie würden offenbar seltener entdeckt. "Viele haben keinerlei Unrechtsbewusstsein, obwohl ihnen bewusst ist, eine Straftat zu begehen", so Zeidler. Sie "begründen das Fahren vor allem mit Notfällen im eigenen Umfeld und weil Beruf, Alltag, Freizeit und soziale Verpflichtungen davon abhingen". Der Weg, den Führerschein wiederzuerlangen, sei häufig unklar und zu teuer – im Zweifel führen sie ohne. "Je weniger moralisch verwerflich sie das selbst, ihre Freunde und Familie empfinden, desto häufiger fahren sie unerlaubt", so Zeidler.
Verhalten positiv verändern
UDV-Empfehlung: Fahrerlaubnisbehörden sollten daher leicht verständlich informieren, wie der Führerschein ohne Zeit- und Geldverlust wiedererlangt werden kann. Um die Allgemeinheit vor unerlaubt Fahrenden zu schützen, schlägt die UDV zudem bei Fahrverboten wegen Ordnungswidrigkeit eine Alternative vor: Während Fahrverbote auf Selbsterkenntnis und Einsicht Betroffener setzen, könne professionelle Begleitung mehr Effekt auf Verhaltensänderung und damit Sicherheit haben.
Sinnvoller disruptiver Ansatz
Wem etwa nach massiver Geschwindigkeitsübertretung, Drängeln bei hohem Tempo oder alkoholisiertem Fahren ein Fahrverbot von mehr als einem Monat droht, der (oder die) könnte alternativ ein noch zu entwickelndes psychologisches Programm mit Seminaren und Einzeltherapiesitzungen absolvieren. Damit ließen sich idealerweise Verhaltensroutinen positiv verändern, Führerscheinentzug und medizinisch-psychologischen Untersuchungen vorbeugen. UDV-Experimente zeigen eine hohe Bereitschaft trotz Aufwand und Kosten. Teilnehmende dürften dann weiter fahren, Bußgelder und Punkte im Fahreignungsregister blieben jedoch bestehen.
Über die Studie
Die UDV untersuchte Motive und Hintergründe des unerlaubten Fahrens und Möglichkeiten, andere davor zu schützen. Dafür wertete sie Daten der amtlichen Unfallstatistik und des Fahreignungsregisters aus, befragte online und telefonisch knapp 7.500 Betroffene, führte qualitative Tiefeninterviews unter Hinzuziehung von Verkehrspsychologen, Rechtswissenschaftlern und Polizei sowie zwei Online-Experimente durch.
Fahrverbote werden erteilt, wenn Verkehrsverstöße andere gefährden, etwa starke Geschwindigkeitsübertretungen und alkoholisiertes Fahren (0,5 bis 1,0 Promille). Fahrende müssen den Führerschein begrenzte Zeit (meist ein bis drei Monate) abgeben, erhalten ihn jedoch nach Ablauf der Frist automatisch zurück.
Führerschein wird entzogen unter anderem bei wiederholt schweren Verstößen (acht Punkte in kurzer Zeit im Flensburger Punkteregister), stark alkoholisiertem Fahren über 1,1 Promille oder Straftaten im Straßenverkehr, z. B. Unfallflucht. Dann verlieren Fahrende dauerhaft ihren Führerschein, können ihn nach einer mindestens sechsmonatigen "Sperrfrist" neu beantragen. Häufig ist dazu ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) nötig.
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