Klein, aber kreativ: Zwar ist die Japan Mobility Show mittlerweile zur lokalen PS-Party ohne nennenswerte Auslandsbeteiligung verkommen. Doch Toyota & Co haben auch allein genug zu bieten. Und anders als früher haben viele Premieren erstaunlich viel Bodenhaftung. 

Sie war mal die Bühne für die ganz dicken Dinger. Denn es war in Tokio, wo Mercedes die Marke Maybach wieder zum Leben erweckt hat und wo VW mit einem eigenen Zwölfzylinder plötzlich ins Oberhaus drängte. Doch mittlerweile ist die Tokyo Motor Show (30. Oktober bis 9. November) nicht nur politisch korrekt und zukunftsfest zur Japan Mobility Show geworden, sondern auch noch zu einer Regionalmesse verkommen.

VW ist deshalb gar nicht mehr da und Mercedes zeigt nur den zweiten Aufguss der IAA in München. Einzige Neuheit aus Deutschland und Europa sind deshalb zwei Minis, die der Modemacher Paul Smith gestaltet hat und auch aus dem Rest der Welt hat sich kaum einer in die japanische Hauptstadt verirrt. Lediglich BYD ist da, Hyundai und Kia.

Ausblick auf Nachfolger des meistverkauften Autos der Welt

Macht nichts, sagen sich die Japaner, machen aus der Not eine Tugend und drehen selbst entsprechend auf: Allein Toyota füllt eine ganze Halle und hat dabei nicht weniger zu bieten als einen ziemlich konkreten Ausblick auf den Nachfolger für das meistverkaufte Auto der Welt: den Corolla. Wenn die Neuauflage sich auch nur ein bisschen an der aktuellen Studie orientiert, schüttelt die reichlich Staub ab, wird vom Langweiler zum Blickfang und passt perfekt in die Zeit. Denn statt sich auf einen Antrieb festzulegen, will Toyota Hybrid, Verbrenner und E-Version anbieten.

Damit aber nicht genug, wagt der Marktführer zudem einen Ausblick auf die nächste Generation des Kleintransporters HiAce, kopiert mit dem Do-it-Yourself-Auto IMV Origin das Ikea-Prinzip für bezahlbare Mobilität in Schwellenländern und adressiert wie alle japanischen Hersteller die Überalterung der Gesellschaft mit pfiffigen Mobilitätshilfen für drinnen und draußen. Ach ja, und einen kleinen Ableger des Land Cruisers zunächst mal nur für Asien, Mittel- und Südamerika sowie eine Neuauflage für den RAV4 gibt es auch noch.

Lexus für die Schönen und Reichen

Und dann ist da ja auch noch Lexus: Die vornehme Schwester sortiert ihr Oberstübchen neu, löst sich dabei von klassischen Fahrzeugkonzepten und will die Reichen und Schönen künftig mit einem sechsrädrigen Elektrovan in einer Luxussuite von A nach B befördern.

Wem dieses LS Concept zu progressiv ist, dem zeigen sie als LS Coupé Concept ein feudales und trotzdem sportliches SUV-Coupé und wer selbst gerne ins Lenkrad greift, der darf sich über das LS Sport Concept freuen, aus dem - so viel ist amtlich - im nächsten Jahr der Nachfolger des LFA wird. Nur welche Kraft ihn antreibt, will Markenchef Takashi Watanabe partout noch nicht verraten.

All diese drei Konzepte haben sehr konkrete Serienchancen. Nur das LS Micro Concept ist kaum mehr als eine für Tokio typische Träumerei. Denn auch wenn sie in Japan mit ihren Kei-Cars so manchen Minimalismus gewohnt sind, geht der autonome Einsitzer vielleicht doch etwas übers Ziel hinaus.

Mazda - der Schöngeist unter den Japanern

Während sich Marktführer Toyota als Generalist gibt und gleichermaßen visionär wie gegenwärtig unterwegs ist, abgehoben und bodenständig, erweist sich Mazda einmal mehr als der Schöngeist unter den Japanern. Kein anderer Hersteller zaubert so elegante Studien aufs Parkett wie der Kleinste unter den Großen, und diesmal setzt er gleich zum Doppelschlag an.

Denn als vielleicht schönstes Auto der gesamten Messe zeigen die Japaner den Vision X-Compact, der in der offiziellen Lesart erst mal die Interaktion von Mensch und Maschine mit KI und Biosensoren verbessern will. Viel mehr allerdings ist der 3,85 Meter kurze Viertürer der Entwurf eines Kleinwagens, der endlich den Mazda 2 beerben und zur japanischen Antwort auf Lifestyle-Zwerge wie den Mini oder den Firefly by Nio werden könnte.

Und am anderen Ende beweisen sie Kühnheit mit dem Vision X-Coupé, das als fünf Meter langer Grand Tourismo mit vier Türen die Idee des Wankelmotors weiterspinnt und zum Plug-in-Hybriden mit 510 PS und 160 Kilometern E-Reichweite macht.

Zwar schwingt bei alledem auch ein bisschen Enttäuschung mit, weil alle Welt endlich einen neuen Sportwagen aus Hiroshima sehen will, der als RX-9 dann bitte am besten gleich wieder als Wankelsportler in Serie kommen möge. Doch zumindest beweisen uns die Japaner, dass ihre Schönheit nicht bei Studien endet - und zeigen uns noch einmal den neuen CX-5, der bei uns schon zum Jahreswechsel in den Handel kommt und auf dem Weg in die Serie nichts von seinem Feingeist eingebüßt hat.

Honda fährt groß auf

Auch Honda fährt groß auf beim Heimspiel und spannt den Bogen womöglich weiter als die meisten Konkurrenten. Nicht nur, weil die Marke natürlich auch Zweiräder verkauft. Sondern weil der größte Motorenhersteller der Welt sich hier als breiter Mobilitätsanbieter inszeniert, der auch Flugzeuge und Boote im Portfolio hat und sogar eine Rakete auf den Stand stellt.

Dabei können sich doch auch die Autos schon sehen lassen. Schließlich bereitet Honda mit seiner 0-Serie den Neustart ins Elektrozeitalter vor und hat den schon von der CES-bekannten Modellen jetzt noch den Alpha zur Seite gestellt. Als halbwegs kompaktes SUV ist der nicht nur etwas bodenständiger gezeichnet als die extrem flache Stromlinienlimousine und der wie mit dem Samuraischwert aus dem Blech geschälte XXL-Geländewagen. Sondern er soll als kommendes Einstiegsmodell auch preislich etwas mehr Bodenhaftung bewahren - was immer das am Ende heißen mag.

Ganz sicher allerdings wird er deutlich teurer als der zweite Star am Honda-Stand - der Super One. Er zählt zu den beliebtesten Kei-Cars im Land der aufgehenden Sonne und findet seinen Weg als elektrischer Microvan jetzt auch nach Europa - also zumindest geografisch. Ob es auch im politischen Sinne klappt, wird sich erst noch zeigen müssen. Denn für den Anfang steht nur Großbritannien auf dem Exportplan. Doch auch bei uns würde so ein pfiffiger und geräumiger Winzling gut ins Straßenbild passen.

Mitsubishi und Nissan blass

Erschreckend blass ist dagegen der Auftritt von Mitsubishi und Nissan. Während die einen in Europa gerade den Eclipse Cross und den Grandis lanciert haben, zeigen sie daheim weitgehend ihre Bestandsflotte. Und bei den anderen ist nach der Premiere von Micra und Leaf offenbar auch ein wenig die Luft raus. Immerhin haben sie als elektrische Fließhecklimousine den N7 aus China geholt und wollen nach 15 langen Jahren mit einem neuen Elgrand wieder weiter vorn mitmischen im asiatischen Boom-Segment der luxuriösen Großraumlimousinen.

Ach ja, und dann sind da noch die vermeintlich kleinen Japan-Marken, die bei uns immer um die Wahrnehmungsgrenze tingeln. In Japan dagegen sind Subaru, Daihatsu oder Suzuki echt große Player und finden auf der Messe entsprechend viel Beachtung.

Daihatsu zum Beispiel mit einem pfiffigen Micro-Transporter im Stil der italienischen Ape oder einer Neufassung des wunderbaren Westentaschen-Roadsters Copen, Suzuki mit einer elektrischen Ausgabe eines Winz-Vans, der in der Tradition des Wagon R+ steht und Subaru mal nicht mit Kombis für Feld, Wald und Wiese, sondern mit einem Rückgriff in die gute alte Zeit, als die Allrad-Marke noch um die Rallye-Meisterschaft mitgefahren ist. Denn im Geiste des seligen Impreza WRX STi zeigen die Japaner gleich zwei blau lackierte und gülden bereifte Studien, die mal elektrisch und mal mit Verbrenner an die glorreichen Tage von Carlos Sainz und Collin McRae erinnern wollen.

Neue Marke aus Japan

Es gibt aber aus Japan nicht nur jede Menge neuer Modelle und noch mehr faszinierende Studien, sondern sogar eine neue Marke - selbst wenn die schon über 100 Jahre auf dem Buckel hat.

Denn nachdem Toyota sein Flaggschiff Century bis dato nur daheim verkauft hat, wächst um die betont klassisch gezeichnete Limousine gerade eine kleine Modellfamilie mit einem SUV und einem auf der Messe noch als Studie gezeigten, aufgebockten Coupé, die es bald auch sonst auf dem Globus geben wird. Und zwar nicht nur wie aktuell in Japan mit V8, sondern offenbar auch wieder als Zwölfzylinder. Schließlich hat Toyota damit keine geringeren Konkurrenten als Rolls-Royce, Bentley und Maybach im Visier. Und da soll noch einer sagen, die Japaner hätten ihr Heimspiel nicht weidlich ausgeschlachtet.

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