Gegensätze ziehen sich bekanntlich an, bei Kia ergänzen sie sich sogar. Die Koreaner, die ihre Stromer mit EV-Nomenklatur versehen haben, was per se schon clever ist, da EV jeder versteht, wollen mit ihren Modellen immer auch ein bisschen überraschen. Das gelingt dem Neuling mit der 4 am Ende sehr gut. Vor allem, wenn man nicht nur den Fahrer, sondern auch die Mitreisenden fragen würde. Denn der wirklich große Radstand von 2,82 Meter bildet in der Welt der Kompakten (Länge: 4,34 Meter) so viel Platz im Fond an, wie man ihn nur von Skodas kennt. Die Kauf- oder Leasing-Entscheidung könnte hier also durchaus in der zweiten Sitzreihe fallen.


Kia EV 4 Test (2025)


Das wäre auch die interne Diskussion, ob man sich den Kia EV3 oder EV4 zulegen möchte. Wer sich für viel Platz und die Limousine statt das SUV entscheidet, zahlt zwar einen Preisaufschlag von knapp 1.345 Euro (netto) gegenüber dem EV3, der ist aber verschmerzbar. Wobei der 4,30 Meter lange EV3 schon üppige 2,68 Meter an Radstand mitbringt. Der EV4 liegt Limousinen-like im Vergleich zum SUV um 20 mm tiefer und der Fahrersitz rückt gleich 40 mm näher an den Asphalt. Ob das schon reicht, sich anders als in einem Crossover zu fühlen? Der Einstieg ist es schon mal.

Kia 4 ist übersichtlich, aber nicht immer praktisch

Dann wird es kniffelig. Die Sitzposition fühlt sich immer etwas zu weit oder zu nah vom Armaturenträger an, die Sitze (etwas konturlos), die Lenkung und die Bremse geben in ihrem Tun ein stets synthetisches Feedback. Bequemes sitzen fällt schwer, den passenden Bremspunkt zu finden ebenso. Top sind allerdings bekanntermaßen die Kia-typischen Kopfstützen. 

Die Bedienung der Klimaanlange und des Infotainments wurde wieder getrennt und kann nun gefahrenfrei während der Fahrt justiert werden. Die drei zentralen Displays teilen sich wie folgt auf: zweimal groß (12,3 Zoll) für die Instrumententafel und das Entertainment sowie dazwischen einmal klein (5,3 Zoll) für die Klimasteuerung. Diese ist nicht optimal platziert, gerade für den Fahrer, der für die Temperaturregelung ums Lenkrad greifen muss. Auch die Bedienung des Gangwahlhebels ist anfangs eher etwas für Fingerakrobaten. Aber: Eine Vielzahl von Funktionen lassen sich über den KI-smarten Sprachassistenten steuern.

Apropos Steuern: Dass die 150 kW, also knapp über 200 PS Leistung, für den gut 1,8 Tonnen (davon entfallen allein auf die Batteriepacks 380 bis 475 Kilogramm) schweren Koreaner zum flotten Fortkommen reichen, liegt am Drehmoment von über 280 Nm. Eine Allrad- und GT-Version mit einige Extra-PS sollen (wie beim EV3) noch kommen, was aber mehr Imagepflege ist, als einen wirklichen Bedarf abdeckt.

Langläufer, aber kein Lade-Sprinter

Die drei bekannten Niveaus Air, Earth und GT-Line bieten den individuellen Spielraum ab. Die GT-Line erkennt man an den 19 Zöllern (Earth und Air haben auch 17 Zöller im Angebot), und dem Sportlenkrad, die beiden Einstiegsniveaus haben ein eher klassisch gezeichnetes Volant verbaut. Wobei Must-haves aus der E-Welt wie Lenkrad- und Sitzheizung sowie induktive Ladeschale erst ab Earth Serie sind. In der Vollausstattung (GT-Line) wachsen die 17- zu 19-Zöller, das Harman-Kardon-Soundsystem erfreut alle Mitreisende, die Wärmepumpe hilft beim Energiesparen und der Fernlichtassistent erfreut den Gegenverkehr. Das optionale Head-up-Display (im DriveWise-Park-Paket für die GT-Line ab 1.420 Euro) ist hilfreich und eine Überlegung wert.

Das wichtigste Detail des Top-Niveaus ist aber die stets große Batterie mit 81,4 kWh Leistung. Denn reden wir nicht mehr über 31.600 Euro (Earth, 58,3 kW) oder 33.520 Euro (Air, 58,3 kW) sondern über 41.546 Euro (GT-Line, 81,4 kW). Der Aufpreis für Air und Earth von 58,3 auf 81,4 kWh liegt jeweils bei gut 4.750 Euro. Hier lohnt es sich doppelt, sein eigenes Fahrprofil vorab anzuschauen und den wirklichen Kilometerbedarf abzuleiten. Dass Kia mit einem deutlichen Bestellplus beim 81er-Akku rechnet, liegt auch an der E-Leasing-Welt mit ihrer entspannten 0,25-Prozent-Versteuerung.

Der WLTP-Verbrauch liegt je nach Reifendimension zwischen 14,9 bis 16,2 kWh pro 100 Kilometer. Was Reichweiten von theoretisch von gut 430 Kilometer mit kleinem Akku und etwas über 600 Kilometer mit dem Groß-Akku ermöglichen soll. Für diese Klasse sind diese Werte genau das: klasse. Der individuelle Energiebedarf wird den Aktionsradius hier sicher oft einkürzen. Der Testverbrauch lag bei hochsommerlichen Temperaturen (Klimaanlage, die gut zehn Prozent der Energie verbrauchte), kurvenreicher Strecke und aktivierten Sport-Modus bei knapp über 16 kWh. Also alles im Rahmen. Beim nötigen Ladestopp zeigt sich die kompakte Stromer-Limousine näher am EV3 als am EV6. Denn statt mit 800 Volt Spannung fließt der Ladestrom nur mit 400 Volt in die Zellen.

Der 81er-Akku kann dabei mit maximal 128 kW DC geladen werden, der kleinere bringt im besten Fall 100 kW in die Leitung. Immerhin ist Plug & Charge möglich. Wer nicht über das Navi, sondern über sein Smartphone steuert und das System damit nicht automatisch die Batterie vor dem Ladestopp vorkonditioniert, kann dies manuell tun. Auch das ist eine wichtige Funktion für den optimalen E-Betrieb. Im AC-Modus sind es bei beiden 11 kW. Wartezeiten am Schnelllader von zirka einer halben Stunde (von zehn auf 80 Prozent SoH) können im Theatre-Mode verbracht werden (die Sitzstellung und die Ambientebeleuchtung sollen für Kinoflair sorgen) oder man aktiviert den Ruhemodus: Licht aus.

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