Der neue Mercedes CLA könnte ein Kandidat sein, der sich trotz des elektrischen Antriebs richtig gut verkauft. Denn hier trifft ein großer Akku auf hohe Ladeperformance. Und dann kommt auch noch Effizienz dazu. ntv.de hat den Kompakten gefahren.

Sorry für den Begriff "kompakt", das ist dieser auf der MMA-Plattform basierende Designer-Benz mit Mercedes-Stern-Lichtspielereien ja nun wirklich nicht mehr. Mit einer Außenlänge von 4,72 Metern ist das selbst nach heutigen Maßstäben gesunde Mittelklasse. Doch die Hierarchie bei Mercedes ist unerbittlich, und Mittelklasse (Hinterradantrieb) ist eben C-Klasse. Fertig.

Bei den elektrischen Varianten des CLA werden immerhin auch die Hinterräder angetrieben, was für Fans überhaupt das Kriterium für einen ernst zu nehmenden Mercedes ist. Allerdings wird der Verbrenner der später nachgereichten Hybride quer eingebaut und treibt die Vorderräder an - alles nicht so einfach.

Doch darum geht es jetzt gar nicht. Vielmehr ist es interessant zu wissen, ob der CLA endlich den Durchbruch schafft. Ob er es also schafft, die Elektromobilität für eine kritische Masse akzeptabel zu machen.

Das Zeug dazu hat er zweifellos. Seine Architektur fußt auf 800-Volt-Technik, extrem schnelles Laden mit mindestens 320 kW soll möglich sein. Wie die Ladeperformance wirklich ausfällt, muss allerdings zu einem späteren Zeitpunkt in der Praxis ermittelt werden. Denn auf der Fahrvorstellung wird nicht geladen.

Ich beginne die Fahrt allerdings mit dem CLA 250+ samt großem Akku (85 kWh netto) und luge auf die Reichweite-Anzeige. Und dort werden 588 Kilometer bei 89 Prozent Batterieladestand angezeigt. Und das bei 26 Grad Außentemperatur, da die Klimaanlage auch schon ordentlich zu tun hat und sicherlich ebenfalls Energie aus der Hochvoltbatterie bezieht. Klingt so, als sei die künftige Mercedes-Einsteiger-Limousine für den Außendienst tauglich.

Bei 110 km/h ist der Stromer sparsam

Jetzt muss man fairerweise aber auch sagen, dass die Schwaben ihre CLA-Flotte nach Dänemark verlegt hat, wo bei 110 km/h auf der Autobahn schon das Ende der Fahnenstange erreicht wird. Und bekanntermaßen ziehen hohe Autobahntempi besonders viel Saft aus dem Stromspeicher. Doch die Ingenieure haben eine Lösung dafür gefunden, wie der Motor zumindest länger im betriebsgünstigen Bereich verweilen kann. Ein automatisches Zweigang-Getriebe ist das Gebot der Stunde.

Apropos - von dessen Schaltvorgängen lässt sich genau gar nichts spüren während des Fahrgeschehens. Während beim Audi E-Tron GT oder Porsche Taycan schon mal ein Ruck durch die Kabine geht, während sich die Übersetzung ändert, bleibt es hier frei von mechanischen Einflüssen.

Allerdings wirken im Zwofuffzig auch nicht ganz so urgewaltige Kräfte. 272 PS und 335 Newtonmeter Drehmoment muten ja fast schon beschaulich an für Elektroauto-Verhältnisse. Das reicht aber, um den 2,1-Tonner mehr als souverän auf Tempo zu bringen. Die Daten spiegeln das auch wider - denn mit 6,7 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h sollte der Wunsch nach mehr Output nicht ganz so ausgeprägt sein.

Oder etwa doch? Dann bitte zum CLA 350 4Matic greifen. Hier wüten mit 354 PS und 515 Newtonmetern schon ganz andere Kräfte. Entsprechend wuchtig geht es nach vorn. Bloß 4,9 Sekunden reichen bis 100 Sachen. Allerdings herrscht bei der Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h Gleichstand. Und es soll ja auch noch eine AMG-Ausführung folgen. Das wird schon lustig.

Effizient ja, aber wirklich immer?

Und was sagt die Effizienz? Mit einem (rekordverdächtigen) Nominalverbrauch von 12,6 kWh pro 100 Kilometer konsumiert der Allradler nur marginal mehr als der schwächere Bruder, was daran liegen könnte, dass der zusätzliche Antrieb der Vorderachse bei moderater Fahrt abgekoppelt wird. Und dann wäre da ja noch die Hightech-Wärmepumpe mit einer hohen Effizienz in allen Lebenslagen nebst ausgefeilter Aerodynamik. Doch wie steht es um den Wohlfühlfaktor?

Während vorn keine Klagen über Platzmangel aufkommen, gleicht der intern auf die Nummer 174 hörende elektrische Kompakte hinten eher einem Maßanzug. Passt, aber luftig-leger ist anders. Vielleicht fordert eine Multiantriebsarchitektur eben doch etwas mehr Platz für das Innenleben und behindert optimales Packaging - 2,79 Meter Radstand klingen nicht nach dem großen Wurf.

Und die Sprachbedienung auch nicht, wenn wir schon beim Meckern sind. Hier muss man aber fair sein und später noch einmal überprüfen angesichts des frühen Serienstands. Denn immerhin kommuniziert Mercedes, dass das System auf ChatGPT 4o zurückgreife. Demnach müsste es plappern wie ein Wasserfall - und zwar über Architektur, Philosophie oder Technik. Die Einwohnerzahl einer fremden Stadt bekommt man der Anlage so gerade entlockt, aber wie Knight Riders K.I.T.T. verhält es sich keineswegs (sollte es aber).

Kleiner Benz ist ein geschmeidiger Typ

Dafür ist der Einsteiger-Mercedes von den Fahreigenschaften exzellent, das kann man nicht anders sagen. Er rollt geschmeidig ab, lenkt leichtgängig, aber dennoch präzise. Federt komfortabel, ohne spröde zu sein - das ist schon nahezu vollkommen ausbalanciert.

Und die Infotainment-Nerds kommen natürlich auch nicht zu kurz mit einer Display-Wand, die den Passagier im ersten Moment erschlägt ob ihrer schieren Größe. Und da bleibt freilich auch für den Beifahrer genug Monitor übrig, um je nach Lust und Laune auch mal einen ganzen Blockbuster zu verschlingen. Dank der Integration von diversen Video-Streaming-Applikationen ist so einiges möglich. Auch Gaming ist machbar.

Warum bei so viel Hightech allerdings nicht möglich ist, eine simple Funktion wie den manuellen Start der Batteriekonditionierung zu implementieren, ist rätselhaft. Ja, die Ladeplanung mag gut funktionieren, aber es möchte eben nicht jeder immer per Navi fahren auf bekannten Strecken. Und eine Ladesäule einzutippen, die noch weiter entfernt liegt (um das Temperieren des Akkus zu starten), ist eine fummelige Sache, zumal man die Adresse auch nicht immer kennt. Dafür kann man sich den aktuellen Akkustatus hinsichtlich der akuten Schnellladefähigkeit anzeigen lassen - gibt es auch nicht überall. Hier sollten Marketing wie Technik dennoch nachbessern.

Zum Schluss darf ruhig noch mal darüber philosophiert werden, ob der CLA ein echter Einsteiger-Mercedes ist oder nicht. Mit der großen Batterie, die sich unter optimalen Bedingungen binnen 22 Minuten von 10 auf 80 Prozent laden lässt und Saft für 924 Kilometer Stadt-Reichweite bieten soll, werden laut Konfigurator 55.858 Euro fällig. Das ist jetzt schon eine Stange Geld. Aber Moment! Gegen Jahresende erscheinen ja (vor den Hybridversionen nächstes Jahr) auch noch schwächere Elektrovarianten mit kleinerer Batterie - dann mit LFP-Technik und lediglich 58 kWh. Die Ladeleistung soll hier bei 200 kW liegen.

Und der Preis? Zumindest unterhalb der 50.000-Euro-Schallmauer. Das wäre ja für Qualitätsarbeit aus Untertürkheim respektive Rastatt, wo der Newcomer gebaut wird, ein Preis, mit dem man sich anfreunden könnte. Und mit dem CLA selbst übrigens auch, vor allem, weil er geschmeidig fährt, schnell lädt und weit kommt. Hier wird man ihm allerdings noch mal genau auf den Zahn fühlen müssen.

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