Mit dem Mercedes-AMG Concept GT XX werden nicht nur Superlative präsentiert, sondern auch Hoffnungen geweckt: auf eine bessere Form der Elektromobilität mit Highend-Technologie. Kann das funktionieren? Abwarten.
Das hier kann keine gewöhnliche Automobilpräsentation sein, wie sie ständig vorkommt. Wer gestern durch das beschauliche Affalterbach mit nicht einmal 5000 Einwohnern lief, konnte schon ahnen, dass etwas Großes im Anmarsch sein würde. Zumindest aus der Sicht von AMG. Überall waren Banner zu sehen mit der Aufschrift "Affasterbach" - platter, aber auch treffender könnte ein Neologismus nicht sein. Dann verwandelten sich die Straßen um das AMG-Quartier herum zu einer Party-Area mit Volksfest-Charakter. Hunderte, wenn nicht gar Tausende Besucher strömen durch die Gassen und stehen Schlange an den Getränke- und Streetfood-Wagen. Was zum Himmel ist hier bitte los? Plötzlich schleicht sich eine getarnte AMG-Limousine an. Ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl?
Denn alle Welt fragt sich, ob das AMG Concept GT XX, das den neugierigen Besuchern des automobilen Streetfoodfestivals noch am gestrigen Abend mit großem Pomp präsentiert wurde, wirklich so kommen wird. Das muss man differenziert sehen. So verkörpert die emotionale Studie in einem leuchtenden Orange mit den Mercedes-C111-Designanleihen irgendwie eine Mischung aus verrückten Zukunftslösungen und praktischen Features eines Alltagsathleten. Die aktiven Aeroräder mit den beweglichen Blades beispielsweise kühlen entweder die Bremsscheiben oder verringern den Luftwiderstand. Klingt einen Zacken zu fancy (und zu teuer) für die Serie.
E-Motoren werden leichter und stärker
Dass die sogenannten Axial-Fluss-Motoren aus dem Hause des britischen Elektromotorspezialisten Yasa (mittlerweile Mercedes-Konzern-Tochter) ab 2026 in die Serienproduktion gehen werden, darf als gesetzt gelten. Technischer Clou: Die neuartigen Triebwerke sind erheblich leichter und effizienter. Das Magnetfeld, also der elektromagnetische Fluss, wird parallel statt senkrecht zur Drehachse erzeugt - das führt zu mehr Effizienz. So kann die Leistungsdichte um den Faktor drei erhöht werden im Vergleich zu bisherigen Elektroaggregaten. Bedeutet mehr Output auf kleinerem Raum. Außerdem ermöglichen sie eine höhere Dauerleistung - nicht völlig unwichtig bei einem Supersportler.
Natürlich werden Getriebe und Motor ölgekühlt. Und die Power des Concept GT XX ist nicht von schlechten Eltern angesichts 1360 PS (drei Motoren). Bis zu 360 km/h sollen in der Spitze möglich sein. Und natürlich spielt Effizienz eine ganz große Rolle - ruft man nicht die volle Leistung ab, koppelt sich die vordere Maschine ab. Die Produktion der Aggregate erfolgt übrigens im Werk Berlin-Marienfelde.
Und was ist noch bahnbrechend am Concept? Klar, die Ladeleistung. Während sich Autohersteller aller Herren Länder in bloßen Ankündigungen verlieren, macht AMG Nägel mit Köpfen. Neu entwickelte zylindrische Zellen in einem betont hohen, aber schmalen Format lassen sich besser kühlen, weil die Distanz vom Kern zur Oberfläche gering ist. Außerdem wird jede Zelle einzeln gekühlt - sie ist umströmt mit einem speziellen Öl.
Darüber hinaus haben es die Techniker geschafft, den Innenwiderstand der Zellen massiv zu senken. Das Ergebnis manifestiert sich in eindrucksvollen 850 kW Ladeleistung. Bitte richtig lesen! Nicht Volt, sondern Kilowatt! Wunschtraum oder Realität? Die Schwaben haben den Ladesäulenhersteller Alpitronic jedenfalls schon mal einen Charger entwickeln lassen, der solch hohe Ströme über ein Standard-CCS-Kabel übertragen kann. Demnach darf man davon ausgehen, dass der nächstes Jahr erstmalig debütierende Serienwagen auf Basis der Plattform AMG.EA happig wird laden können, wenngleich die Zahlen vielleicht abweichen mögen von der Studie. Vielleicht aber auch nicht.
Beim Concept beziffert AMG das Ladegeschehen mit fünf Minuten für 400 Kilometer Reichweite. Das wäre der absolute Gamechanger in der Elektromobilität, denn dann wäre Laden fast wie Tanken - und genau das wünschen sich die Kunden ja. Und es ist ja bekannt, dass Technologien aus dem Luxussegment Stück für Stück in erschwingliche Klassen diffundieren. Übrigens stecken 3000 solcher Zellen im Akku des GT XX, allerdings schweigen die Techniker derzeit noch beharrlich zur Kapazität.
Zum Schluss noch ein bisschen Träumerei gefällig? Ich wage die Sitzprobe im GT XX und lasse mich in Sitzschalen fallen, deren Polster aus Altreifen hergestellt wurden. Und der Blick fällt auf ziemlich viel Display. Und wenn einem das Lenkrad irgendwie bekannt vorkommt: klar, aus dem AMG One. Die gute Nachricht an ältere, solvente Kunden: Man kann relativ verrenkungsfrei wieder aussteigen. Aber hier kann das spätere Produktionsfahrzeug auch abweichen und weniger radikal ausfallen.
Nicht zu erwarten in der Serie ist außerdem das Fluid Panel im Heckbereich der 5,20 Meter langen Limousine. Auf diesem lassen sich Messages kommunizieren. Witziges Gimmick, aber leider verboten hierzulande. Da hat der LED-umrandete Kühlergrill vielleicht noch bessere Chancen. Womöglich inklusive der Lautsprecherboxen in den Scheinwerfern für den richtigen Sound.
Mit der Studie dürfte Mercedes zum Denken anregen - in vielerlei Hinsicht. Sie zeigt, dass höchste Ladeperformance keine Träumerei mehr ist. Und so mancher Fan wird dem Design sowie den Spezifikationen des ersten AMG.EA-Serienmodells entgegenfiebern. Nächstes Jahr wissen wir alle mehr.
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