Maserati hat den ersten "bürgerlichen" Stromer still und leise auf den Markt gebracht, quasi im wörtlichen Sinne. ntv.de hat diese spezielle Grecale-Version gefahren, die exotischer ist als mancher Supersportler. Ist der Allradler ein echter Maserati?

Maserati auf Elektrokurs - kann das funktionieren? Schließlich lebt die italienische Marke zu einem beträchtlichen Teil auch vom Sound ihrer Produkte, mehr noch als andere Marken. Aber hey, immer schön unvoreingenommen durchs Leben gehen, das gilt auch bei Autos. Da steht er also, der Grecale Folgore, was im Italienischen schlicht die Vokabel für Blitz ist. Und man muss schon genau hinschauen, um das Mittelklasse-SUV von außen als verbrennerlos zu identifizieren. Die bei den Benzinvarianten echten Lufteinlässe sind nämlich hier bloß angedeutet und leuchten beispielsweise als Verabschiedungsszenario, wenn man das Fahrzeug abschließt. Das Fehlen der Abgasanlage sowie spezifische Aero-Felgen runden das äußere Erscheinungsbild ab.

Und dann? Kein "wruuum" beim Start, eher künstliche Raumschiff-Klänge. Dazu muss man aber wissen, dass bloß der sechszylindrige Trofeo mit Dreiliter unter der Haube richtig emotional ist, die Basisvierzylinder sind jetzt auch nicht unbedingt Gänsehaut-Maschinen.

Kleiner Datencheck gefällig? Hier arbeiten zwei kräftige Elektromaschinen mit jeweils 278 PS unter dem Blech - und die Leistungswerte dürfen in diesem Fall zu einer Systempower von 557 PS addiert werden. Klingt in der Theorie schon mal nicht übel. Also, los geht's. Die Fahrstufen werden auch bei diesem Maserati über Drucktasten aktiviert - das gelingt schön intuitiv und spart Platz im Bereich der Mittelkonsole. Dann sollte man für ungetrübte Fahrfreude kurz auf dem Touchscreen diverse Assistenten deaktivieren, soweit bekannt. Leise setzt sich das SUV in Bewegung und beim ersten Abschnitt ohne 50-km/h-Begrenzung teste ich an, wie der 2,5-Tonner seine 810 Newtonmeter freisetzt.

Der Grecale Folgore kommt mit Wucht

Und zwar schön moduliert, nicht unmittelbar nach Niederdrücken des Fahrpedals. Demnach kommt der Punch mit einer kleinen, gewollt einprogrammierten Verzögerung, dann aber urgewaltig, was die Beschleunigung gefühlt ein bisschen tiefer anmuten lässt. Geht man nach den Zahlen, bietet das vergleichsweise brave SUV Sportwagenflair pur mit 4,1 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h und 16,1 Sekunden bis 200 Sachen.

Bei 220 km/h ist Schluss - das ist nicht völlig langsam, aber der Macan bietet in dieser Leistungsklasse einen Hauch mehr mit 240 Sachen. Aber immerhin zieht der Maserati sauber durch bis in hohe Tempobereiche, das ist ja schon ein Wert an sich. Denn er degradiert nicht nennenswert auf mittleren Autobahnabschnitten.

Doch ein nachhaltiger Autobahnjäger kann der Grecale Folgore kaum sein, denn bei hohen Geschwindigkeiten schrumpfen die 105 kWh an Stromreserven schnell zusammen. Zwischen 426 und 501 Kilometer Reichweite verspricht der Hersteller, in der Realität vor allem bei etwas zügigerer Gangart sind aber unter 400 Kilometer auch kein abwegiges Szenario.

Und im Vergleich zum Wettbewerb in dieser Preisklasse setzt der Italiener auf ein 400-Volt-System mit eher mauer Ladeleistung. Hier sind bloß 150 kW drin im Peak. Immerhin ist Maserati so ehrlich und gibt keine Versprechen, die in der Realität nicht zu halten sind. Demnach hat der Grecale die angekündigte Performance in der Praxis mehr oder weniger bestätigt und beispielsweise 15 Minuten mit einer durchschnittlichen Ladeleistung von 135 kW Strom gezogen. Dennoch - für ein Auto zu einem Grundpreis von mehr als 111.000 Euro zu wenig. Hier sollte Stellantis den 800-Volt-Pfad beschreiten. Die Technik ist ja im Konzern immerhin verfügbar.

Allerdings muss man auch sagen, dass immer auf den Anwendungsfall entscheidet. Wer meist Strecken bis 300 Kilometer absolviert und vielleicht sogar zu Hause laden kann (in dieser Preisliga auch nicht ganz unwahrscheinlich), kommt mit der Ladeleistung klar.

Mehr Cruiser als Racer

Unter dem Strich ist der mit eher touriger als drahtiger Luftfederung ausgerüstete Exot ein ganz ordentlicher Cruiser, bietet ein gerüttelt Maß an Komfort und sogar feine Sitze. Eine leichtgängige, aber dennoch präzise Lenkung zirkelt den Folgore bei Bedarf auch mal fetziger um die Kurve. Hierzu trägt sicherlich auch der schwere Batteriepack im Boden seinen Teil bei. Noch etwas verbesserungswürdig mag sicherlich das Infotainment sein, wobei das gebogene Touchscreen-Element in der Mittelkonsole schon recht gut in den Griff zu bekommen ist. Ein Vorteil ist ja schon das dauerhaft verfügbare Klimamenü im unteren Bereich der Einheit, sodass man nicht immer switchen muss bei den alltäglichen Einstellungen.

Zum Schluss noch einmal die Überlegung, ob ein elektrisch angetriebenes Maserati-SUV eine Chance bekommen sollte. Das ist ein ganz interessantes Gedankenspiel, denn die wenig emotionalen Vierzylinder bleiben im Grundpreis (ab rund 82.000 Euro) zwar deutlich unterhalb des Folgore, aber im Dienstwagenbereich punktet der Stromer mit der 0,5-Prozent-Regelung - ein erheblicher finanzieller Vorteil. Und in Verbindung mit einer geschickt gerechneten Leasingrate könnte der lautlose Grecale plötzlich monetär attraktiv werden. Bei den Kunden ist das bisher noch nicht angekommen, denn von den dieses Jahr bis Mai hierzulande 230 zugelassenen Grecale waren gerade einmal fünf Exemplare mit elektrischem Antrieb. Gönnen Sie ihm doch ruhig mal eine kleine Proberunde zur Entscheidungsfindung.

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