Es ist ein Riesending für Kia. Nach dem Kia EV9 (hier im Test) darf sich auch der kleine Bruder namens EV3 mit dem renommierten Titel "World Car of the Year" schmücken. Tatsächlich ist dem südkoreanischen Hersteller mit der EV-Reihe ein beachtlicher Wurf gelungen. Das zeigte nicht nur der EV9-Test, sondern auch die Probefahrten mit dem Kia EV6 (hier im Wintertest, hier mit Wohnwagen). Doch ist der EV3 wirklich das "Auto des Jahres"? Oder ist der Titel dann doch ein wenig hochgegriffen?
Zunächst die harten Fakten: Der EV3 ist das bisher kleinste Fahrzeug der EV-Reihe und startet bei 35.990 Euro. Der Testwagen hat die Ausstattungslinie "Earth" und beginnt preislich daher bei 38.290 Euro; diverse Extras treiben den Preis für dieses spezielle Auto auf 43.250 Euro. Überraschend für ein Testfahrzeug entschied sich Kia, den Wagen mit der kleinen Batterie zu liefern: Der Test-EV3 greift also auf 58,3 Kilowattstunden zurück und nicht auf die maximal für dieses Fahrzeug möglichen 81,4 Kilowattstunden.
Der Große zumindest etwas kleiner
Optisch erinnert das Auto stark an den klotzigen EV9, weniger aber an den sportlicheren EV6. Immerhin sind die Abmessungen deutlich alltagsfreundlicher. Seine Länge beträgt 4,3 Meter, er ist 1,85 Meter breit und 1,56 Meter hoch. Damit ist der EV3 kein Kleinwagen, überfordert in Städten aber nicht annähernd so sehr wie sein großer Bruder.
Trotz der Kompaktheit fehlt dem EV3 auf dem Papier nichts: 460 Liter Kofferraumvolumen, 1251 Liter, wenn die Rückbank umgelegt wird. Der Innenraum bietet zudem genug Platz für große Menschen. Die Mittelkonsole, auch wenn sie etwas billig wirkt, ist eine sehr nützliche Ablage.
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Mit der kleinen Batterie gibt's 500 Kilogramm Anhängelast dazu, das Fahrzeug mit dem großen Akku darf gar 750 Kilo ungebremst und 1000 Kilo gebremst ziehen. Erfreulich für Fahrradträger: 100 Kilo Stützlast reichen auch für dicke E-Bikes.
Die kleine Batterie mit insgesamt 58,3 Kilowattstunden reicht laut Hersteller für bis zu 436 Kilometer. Im Test genehmigte sich das Auto bei etwa 20 Grad Außentemperatur 16 Kilowattstunden auf 100 Kilometer – das entspricht einer Reichweite mit normalem Fahrstil von rund 360 Kilometern. Das setzt allerdings voraus, dass man nicht zu sehr auf die Tube drückt. Fährt man den Wagen aus, steigt der Verbrauch wie bei allen Elektroautos immens.
Ein Sportwagen ist der EV3 ohnehin nicht. Mit 204 PS in allen Varianten bietet er genug Leistung für jede Fahrt, kann sich aufregende Raketenstarts und Monster-Sprints aber abschminken. Der Wagen beschleunigt in knapp acht Sekunden auf 100, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 172 km/h laut Tacho. Neben dem hohen Verbrauch wird es dann allerdings auch recht laut. Am wohlsten fühlt man sich im EV3 bei 120 bis 130 km/h. Dann ist er schön leise und saugt die Batterie nicht im Rekordtempo leer. Obwohl der EV3 relativ straff abgestimmt ist, fährt er sich trotzdem äußerst unaufgeregt und gemütlich. Sogar Kopfsteinpflaster bügelt er einfach weg.
Für eine entspannte Fahrt sorgen auch die vielen Optionen für die Rekuperation. Neben einem One-Pedal-Betrieb bietet der Kia auch einen automatischen Modus, der die Energierückgewinnung von der Umgebung abhängig macht – mal also segelt und mal merklich einbremst. Das funktionierte im Test so gut, dass es zur bevorzugten Fahreinstellung avancierte.

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Auf langen Autobahnpassagen unterstützen die gewohnt guten Fahrassistenzsysteme des Herstellers: Der Tempomat und auch der Spurwechselassistent arbeiten problemlos. Allerdings dauert ein Spurwechsel gerne mal derart lange, dass es sich meist empfiehlt, das Geschehen selbst in die Hand zu nehmen.
Piep mich nicht dauernd an!
Ein Graus sind und bleiben die vielen Pieper im Auto. Besonders der (gesetzlich vorgeschriebene) Geschwindigkeitswarner ist, zusammen mit der oft fehlerhaften Auswertung der Verkehrsschilder, extrem nervtötend. Zwar legt ein langer Druck auf die Mute-Taste am Lenkrad vor Beginn einer jeden Fahrt den Störenfried lahm. Vergisst man es aber, meldet er sich quasi umgehend.
Ähnlich penetrant ist der Aufmerksamkeitswarner, der stets prüft, ob die Augen auf die Straße gerichtet sind. Einmal auf das Navi geschaut? Piep. Kurz in die Ablage geguckt? PIEP! Die Hand lässig auf zwölf Uhr am Lenkrad und dem Ding die Sicht verdeckt? PIIIEP! Um Himmels willen, das muss wirklich nicht sein. Eine Schnellabschaltung gibt es hier anscheinend auch nicht – man muss sich also mit dem Teil anfreunden. Harter Tobak.
Aber: Alles in allem bringt der EV3 alle Passagiere mit genug Platz ganz ruhig und entspannt ans Ziel. Ein völlig unaufgeregtes Auto für den Alltag, das kaum Wünsche offenlässt – wenn man nicht immer technische Höchstleistungen erwartet. Die gibt es beim Laden des Wagens nämlich leider auch nicht. Und doch ist es egal. Der Kia EV3 lädt mit dem kleinen Akku mit maximal 101 Kilowatt.
Laden ist ein Marathon, kein Sprint
Das klingt wenig und ist im Vergleich zu mancher Konkurrenz durchaus am unteren Ende der Skala, aber der Wagen kann das durch ein sehr breites Plateau ausgleichen. Das bedeutet, dass er vergleichsweise lange mit der fast maximalen Leistung lädt – meist 80 Kilowatt. Von 10 auf 80 Prozent geht es also in unter einer halben Stunde, was die eher geringe maximale Ladeleistung gleich in ein anderes Licht rückt.

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Abgesehen von den nervigen Piepern hat der Kia EV3 seine Hausaufgaben in Sachen Technik gemacht. Das große Display im Cockpit reagiert schnell, die Menüführung ist flott gelernt und dank kabellosem Carplay oder Android-Auto ist die Smartphone-Einbindung kinderleicht.
Die Parkhilfen für den Wagen sind vorbildlich, ebenso helfen Kameras in den Spiegeln dabei, im wirren Stadtverkehr nicht die Übersicht zu verlieren.
Fazit: Der Kia EV3 bietet alles, was man braucht
Kia ist es gelungen, ein Auto auf die Räder zu stellen, das für einen Großteil der mobilen Bevölkerung kaum Wünsche offenlässt. Insofern ist der Titel "Auto des Jahres" verdient, sofern das dieses Jahr das Hauptkriterium war. Der Wagen fährt entspannt, ist gemütlich und bietet in allen Bereichen vollkommen alltagstaugliche Leistungen. Er ist unaufgeregt, überfordert nicht und bietet genug Platz für den Familienurlaub. Der Preis von unter 40.000 Euro ist zudem recht gut; die Konkurrenz, etwa der Skoda Elroq oder der VW ID.3, liegt auf einem vergleichbaren Niveau.
Negativ aufgefallen sind lediglich die vielen Pieper, die ungeübten Fahrern den letzten Nerv rauben können. Außerdem könnte Kia an der Schildererkennung arbeiten – hier kommt es immer wieder zu ärgerlichen Fehlern, etwa bei zeitlich limitierten Begrenzungen oder Schildern für die andere Spur. Das Schicksal teilt sich der Hersteller durchaus mit anderen Konzernen, besser macht es den Umstand aber nicht. Wenn schon nerviger Assistent, dann doch bitte immerhin so fehlerfrei wie möglich.
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