DS Automobiles wirft mit der N°8 eine ansprechende, elektrisch angetriebene Mittelklasse auf den Markt. Ob die gegen den härter werdenden Wettbewerb bestehen kann, wird sich zeigen müssen. ntv.de hat sie schon mal gefahren.
DS Automobiles fristet in Deutschland zweifellos ein Nischendasein. Das liegt aber nicht unbedingt an der Produktqualität. Sondern vielleicht eher daran, dass die Marke hierzulande wohl kaum zu den bekanntesten zählt und das Händlernetz überschaubar ist. Außerdem sind die Werte, für die das Label steht, nicht immer so einfach zu vermitteln. Wer soll überhaupt angesprochen werden? Ästheten? Künstler? Schöngeister? Oder im Falle der jetzt neuen DS-Limousine N°8 (auch wenn der Pressetext SUV-Coupé sagt) einfach bloß Interessenten, denen ein Volkswagen ID.7 schlicht zu langweilig ist?
Zumindest müsste man sich in diesem Fall kaum über die Ladeperformance ärgern, denn in beiden Fällen wird bloß mit 400-Volt-Systemen hantiert. Allerdings dürfen sich künftige DS-N°8-Besitzer über einen deutlich größeren Akku freuen. Denn während beim ID.7 maximal 86 kWh gebunkert werden, nimmt der große DS 97,2 kWh netto auf! Und weil die Ingenieure auch noch auf Effizienz geachtet haben, ergibt sich eine WLTP-Reichweite von 750 Kilometern bei voller Batterie.
Aber wie das so ist bei elektrischen Antrieben, fallen die Praxiswerte meist nicht mehr ganz so rosig aus. Aber! Das DS-Team ist clever, hält die Testfahrten im französisch-schweizerischen Grenzgebiet des Jura ab, wo nicht konstant 130 km/h gefahren wird wie auf vielen Autobahnen in Europa. Und hier auf den gebirgig-kurvigen Abschnitten ist nicht nur das Tempo geringer, sondern auch viel Rekuperation möglich. Ein Blick auf die Reichweitenanzeige bestätigt das: Bei 84 Prozent State of Charge sind immerhin noch 522 Kilometer möglich. Macht deutlich über 600 Kilometer bei prallem Stromspeicher.
DS N°8 mit Monster-Reichweite
Die Reichweite passt beim Long-Range-Modell, die Ladeperformance ist angesichts von 400 Volt dagegen nicht mehr ganz State of the Art, andererseits setzen etliche Autohersteller auch in der Mittelklasse selbst im Premiumbereich noch immer auf etwas langsameres Laden, haben dafür aber viel Strom im Gepäck.
Und wer im großen DS sitzt, verzeiht ihm die Sache mit dem ultraschnellen Laden ganz sicher. Denn das erste Nicht-SUV auf der sogenannten STLA-Medium-Plattform zeigt sich innenarchitektonisch von seiner feinsten Seite. Auf der Armaturentafel verarbeiten die Kreativen eine Art gebürstetes Aluminium, den generell komfortablen Fauteuils mit optionalem Nackenwärmer wird geschmeidiges Nappaleder gegönnt. Und das Lenkrad ist nicht bloß ein schnödes Steuerrad, sondern erhält durch sein markantes Vierspeichen-Design im X-Format einen schnieken Einschlag.
Ja, ehrlicherweise muss man natürlich auch sagen, dass der DS N°8 jetzt nicht höchstem Premiumlevel entspricht. Beim Blick auf verschiedene Details fällt dann schon auf, dass nur mit Wasser gekocht wird. Die Konstruktion der beiden Ablagenklappen in der Mittelkonsole fällt eher simpel aus und die Konsole selbst könnte einen Hauch wertiger wirken. Dafür gibt es charmante Details. Als Griff, um die Türen von innen zuzuziehen, dient ein erweiterter Teil der Armaturendeko - als solides Stück Alu ausgeführt. Dezente Ambientebeleuchtung erhellt die Gemüter insbesondere bei Dunkelheit. Und ein großer, schick schwebend inszenierter Touchscreen mischt eine Spur Infotainment-Vibe in das Designer-Cockpit.
Erste Klasse reisen in der zweiten Reihe
Danach hüpfe ich kurz in den Fond, mache den Bein- und Kopffreiheits-Check. Ist natürlich recht luftig bei 1,58 Metern Höhe sowie 2,90 Metern Radstand. Demnach reist es sich nicht bloß in der ersten Reihe fein. Doch der schönste Platz ist und bleibt vorn links. Weil der 245-PS-Stromer das 4,82 Meter lange 2,2-Tonnen-Schiff mit dem futuristischen Einschlag ganz schön souverän anschiebt, wenn 345 Newtonmeter angreifen. Und dabei erledigt die Dämpfung insbesondere die seichten Autobahnwellen erbarmungslos. Auf Wunsch sogar mit Scanner noch vor der Vorderachse, um die variablen Dämpfer auf das, was folgt, bestmöglich vorzubereiten. Allerdings muss man das eifrige Marketingteam an dieser Stelle etwas einbremsend korrigieren und darauf hinweisen, dass es sich freilich nicht um eine aktive Federung handelt.
Denn dann hätte die Mittelklasse entweder eine Hydropneumatik wie der DS-Urvater oder wenigstens eine Luftfederung an Bord, wie der Stellantis-Konzern sie ja durchaus im Programm hat (Maserati Grecale). Doch wie dem auch sei, der DS N°8 bestreitet das Komfortkapitel gefühlt ganz wacker. Allerdings werden unschöne Querfugen leicht stößig verarbeitet, hier könnten die Fahrwerker ruhig eine Schippe darauflegen.
Eine Schippe draufgelegt wird allerdings, wenn man vom FWD Long Range auf den AWD mit zwei Maschinen umsteigt. Dann werden aus 245 plötzlich 350 PS und statt lediglich souverän wird der Vortrieb plötzlich wuchtig. Aber DS moduliert den Vorwärtsdrang in einer Weise, dass er nicht überfallartig, sondern butterweich einsetzt. Dennoch beschleunigt der Doppelmotorer mit 509 Newtonmetern mehr als nachdrücklich, erreicht 100 km/h binnen 5,4 Sekunden, was einem Sportwagen noch immer zur Ehre gereichen würde. Und selbst die Basis-Versionen schaffen den Standard-Sprint innerhalb von unter acht Sekunden. Als Topspeed gibt DS außendienstlerfähige 190 Sachen an.
Um über Preise zu sprechen: Ab 57.700 Euro startet der DS N°8 - dann gibt es aber nur rund 74 kWh Stromspeicher. Und was bekommt man noch für sein Geld? Neben einer Concept-Car-artigen Heckpartie (ist wirklich ein Hingucker!), beleuchtetem DS-Logo vorn und jeder Menge Praxistauglichkeit mit 620 bis 1553 Litern Kofferraumvolumen LED-Scheinwerfer, Parkpiepser, Ergo-Sitze sowie Tempomat mit aktiver Steuerung. Das wuchtige Topmodell startet ab 75.000 Euro. Hier ist die Effizienz naturgemäß nicht ganz so ausgeprägt, jedoch gibt das Werk für diese Ausführung immer noch 18 kWh je 100 Kilometer als gemittelten WLTP-Stromverbrauch an. Für den Fronttriebler nennt DS gar unter 16 kWh, eine Top-Aerodynamik soll es richten.
Ob der DS N°8 es zu Sichtbarkeit im hiesigen Straßenbild bringen wird? Das bliebe zu hoffen, denn der Elektro-Langstreckler ist wirklich ästhetisch gezeichnet und betont komfortabel. Wer marktprotektionistisch aufgelegt ist, sollte vielleicht noch wissen, dass Stellantis die Fertigung der Akkuzellen in Frankreich durchführt. Gebaut wird der Franzose im italienischen Melfi. Ab September wird ausgeliefert.
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